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Darstellersuche oder "Stundenlang Demoreels anschauen

Irgendwann war das Drehbuch von „Zeichen der Schwäche" fertig und so machten wir uns also auf die Suche nach Schauspielern. Christian Stock hatte mich schon lange bevor das Drehbuch fertig war angeschrieben. Er hatte von Andrew Reich (der sich für die Musik von A God Damn Day und glücklicherweise auch für die Musik von Zeichen der Schwäche verantwortlich zeigt) von dem Projekt erfahren. Was für ein Glück. Da machten wir uns ewig Gedanken darüber, ob wir wirklich Schauspieler bekommen, die das sehr auf die Charaktere fokussierte Drehbuch umsetzen können (schließlich hatten wir den ersten Film fast komplett mit Laien gedreht) und dann fällt uns Christian Stock geradewegs in die Arme. Wahrscheinlich gehört ein bißchen Glück einfach dazu – Rolle des BASTIAN besetzt. Auch die restlichen Rollen wurden übers Internet gesucht. Ein reales Casting kam nicht in Frage (kein Geld, keine Zeit und die Frage ob wir es uns wirklich erlauben  können, Leute anreisen zu lassen um Ihnen dann mitzuteilen dass Sie nicht die Ehre haben werden in dem Blockbuster „Zeichen der Schwäche" mit zu spielen – meiner Meinung nach nicht) aber dank der unzähligen im Internet verfügbaren Demoreels ist auch dort die Auswahl mehr als ausreichend, um nicht zu sagen erschlagend. Sowohl Nadine Petry (als JESSI) und Nikolai Will, der die Rolle von PATRICK spielt, kannten Christian Stock. Von daher war der Kontakt zu beiden schnell hergestellt. Ein Drehbuch und zwei Telefonate später hatten wir die Zusage von beiden. Irgendwie läufts denn bisher sind alles Wunschbesetzungen.

Bei Anja Barth war das Demoreel so passend, dass ich Sie unbedingt für die Rolle der VANESSA haben wollte. Da Sie bisher aber überwiegend Theater spielte, war ich mir nicht ganz so sicher ob Sie wirklich Lust darauf hatte 2 Wochen mit uns beim Filmdreh in der tschechischen Provinz zu verbringen. Sie hatte und so waren also nur noch zwei Rollen übrig. Nikolai Will schlug uns noch einige Schauspieler für die verbliebenen Rollen vor und so kamen wir schließlich zu Gregor Marstaller (DANIEL) und Michael Jassin (für die Rolle des ALEX). Beide Demoreels fand ich klasse und wie Ihr Euch schon denken könnt, kam auch von den Beiden ein Ja. Kaum zu glauben aber alles lief wie am Schnürchen. Alle Rollen waren besetzt und ich verstehe bis heute nicht warum sich alle Schauspieler auf diese 2 Wochen mit uns eingelassen haben. Wir hatten  ja außer A God Damn Day nichts zum Vorzeigen und da spielen die Darsteller definitiv in einer anderen Liga. Ich erinnere mich noch daran, dass die Zusagen mit einer Menge Jack Daniels gefeiert wurden.

Die letzte Woche vor dem Dreh oder "Eine Prise Organisation"

Die letzte Woche vor dem Dreh. Zu diesem Zeitpunkt sollte ja eigentlich alles organisiert sein, aber uns kam es vor als ob das genaue Gegenteil der Fall war. Tomas Häusl und ich hätten eigentlich eine Standleitung haben können so oft haben wir miteinander telefoniert. Am Ende hatten wir jeden Tag eine To-do Liste mit mindestens 20 Punkten. Wie kommen die Schauspieler zum Drehort? Wer kann wen mitnehmen, wer kommt wann an welchem Bahnhof an, was fehlt noch an Equipment? Haben wir genug Platz in den Autos? Wo sollen die Darsteller Ihre Autos in Tschechien parken? Haben wir genug Ersatzakkus, Lampen und Werkzeug dabei falls irgendwas auf die Schnelle repariert werden muss. Welche Läden in Pilsen (der nächsten großen Stadt in Tschechien) hätten die 5 D Mark II falls unsere Kamera ausfallen sollte. Was an Verpflegung, Geschirr, Klopapier usw. bringen wir schon aus Deutschland mit. Der Drehplan und die Shotlist für die Kameraeinstellungen wurden finalisiert und an die neuesten Wettervorhersagen angepasst, die Drehbücher wurden gedruckt, die Verträge aufgesetzt. Noch fehlende Requisiten mussten gekauft, das Hotel im bayerischen Wald gebucht werden. Dazwischen habe ich immer wieder mit den Schauspielern telefoniert so dass ich teilweise an zwei Telefonen gleichzeitig war. Es war auf jeden Fall sehr stressig und ich musste 2 Tage vor der Fahrt noch Urlaub nehmen weil es sonst einfach nicht funktioniert hätte.
Beim Lesen klingt es jetzt wohl irgendwie so, als ob wir vorher nichts gemacht hätten aber das Gegenteil ist der Fall. Eigentlich hat es schon ein halbes Jahr vor dem Dreh angefangen, dass wir alles organisiert haben. Das Zimmer für den Vorspann wurde präpariert, wofür eine unglaubliche Menge an Requisiten erforderlich war. Die Drehorte mussten gefunden und der Transfer dorthin sicher gestellt werden. Unterkünfte und Züge wurde gebucht, das Equipment musste ausgesucht und getestet werden. Das Budget wurde kalkuliert und das Catering organisiert. Zudem müssen alle bei Laune gehalten werden damit jeder das Gefühl hat, dass wir das Projekt  auch wirklich durchziehen werden. Wenn man bedenkt wie viele Filme leider nie das Licht der Welt erblicken ist letzteres meiner Meinung nach ein sehr wichtiger und nicht zu unterschätzender Zeitaufwand. Und dann gibt es da natürlich noch die 1000 Kleinigkeiten an  die ich mich jetzt schon gar nicht mehr erinnern kann. Alles also ziemlich viel Aufwand für diese eine Stunde Film.
Gegen Ende musste Tobias Liekefett krankheitsbedingt den Dreh noch absagen. Das hieß, wir waren beim Dreh nur zu zweit, das wird knackig.

Die Ankunft und gleich der erste Schock

Samstagmorgen, Tag der Abreise. Einen Wecker brauche ich eigentlich gar nicht, das Gemisch aus Aufregung, Panik und Vorfreude sorgen schon dafür, dass ich wach werde. Also erst einmal das Auto packen. Gerammelt voll, nichts geht mehr. Ausrüstung und Requisiten brauchen so viel Platz, dass keine einzige Tasche mehr rein passt. Dann muss ich meine Klamotten halt stilvoll in einer Plastiktüte mitnehmen (ich werde nicht der einzige sein doch davon später mehr). Schließlich ist alles bereit und die Fahrt nach Tschechien, in ein großes Abenteuer kann beginnen. Schnell sind die deutschen Autobahnen hinter mir und es geht über tschechische Landstraßen nach Korytra. Ich bin der Erste, noch niemand da und beim Warten kommen die Gedanken. Langsam wird die Vorfreude von Zweifeln überschattet. Haben wir alles dabei, was wenn die Ausrüstung kaputt geht, was wenn einer der Darsteller nicht kommt? Ist die Organisation und Vorbereitung genug gewesen? Ist das Drehbuch überhaupt gut genug? Und überhaupt, ist das Ganze nicht totaler Wahnsinn und überhaupt nicht machbar? Irgendwie schon merkwürdig. All die Vorbereitung scheint auf einmal nicht genug, alles wird  auf einmal in Frage gestellt. Doch eines ist klar: Es gibt schon lange kein Zurück mehr, dafür ist zu viel in das Projekt geflossen. Zu viel Zeit, zu viel Kohle und verdammt noch mal zu viel Leidenschaft. Und hallo, ich hab doch eigentlich unglaublich  Bock zu drehen. Also einfach tief durchatmen. Es wird schon irgendwie werden.

Tom ruft an, er steckt im Stau und kommt ein bißchen später. So bin ich erst Mal allein als der Besitzer der Hütte mich abholt. Nachdem dies jetzt schon unser dritter Besuch ist kennt man sich ja schon. Alles wunderbar bis er mir erzählt, dass das Catering was seine Frau machen sollte leider ins Wasser fällt da sie gestern (4 Wochen vor dem eigentlichen Termin) seinen Sohn geboren hat. Er total happy, für uns der Worst case. Keine Catering und ich bin gerade mal zehn Minuten da. Nach kurzer Panikattacke fahren wir erst mal zur Location, das heißt ich fahre so weit es geht. Dann wird die ganze Ausrüstung in einen Jeep verladen und so geht es durch Schlamm und Wasser zur Hütte. Wenigsten die steht noch und alles ist so, wie ich es von unserem letzten Besuch in Erinnerung habe.

Tom kommt auch und seine Gesichtsausdruck als er vom geplatzten Catering hört spiegelt perfekt meine Gefühlswelt wieder. Wir haben ein gewaltiges Problem denn wir brauchen ein Catering und das muss heute noch stehen. Also mit dem Besitzer der Hütte darüber gesprochen ob es ein Restaurant in der Nähe gibt welches das übernehmen könnte. Nach drei Stunden ist alles klar. Ein Restaurant in der Nähe (ungefähr 10 Minuten Fahrt) könnte uns das Essen vorkochen. Wir müssten es nur morgens abholen und dann warm machen. Was das dann für Tom und mich bedeuten sollte, dazu später mehr.

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